Durch die gefährlichsten Länder Zentralamerikas

8.Etappe 12.03.23 – 29.03.23

1286 km 9.160 M ↑ 10.450 M↓, 65 h

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Nach der dreiwöchigen Fahrradpause war es erst einmal wieder eine Umstellung, nahezu täglich auf dem Sattel zu sitzen. Als ich Antigua und das guatemaltekische Bergland verlassen hatte und entlang der Küste fuhr, wurde es extrem heiß. Zwei Tage nachdem ich von Antigua weitergefahren war, überquerte ich die Grenze zu El Salvador. Das war der mit Abstand schnellste Grenzübergang meiner Tour. Sobald ich in Guatemala ausgestempelt hatte, konnte ich nahezu im Vorbeifahren mit meinem Personalausweis winkend die Grenze passieren und wurde freudig von den Grenzbeamten empfangen. Außerdem verbesserte sich die Straßenqualität, denn unmittelbar nach dem Grenzübertritt hatte ich durchgehend einen breiten und gut befestigten Seitenstreifen.

Noch vor dem Grenzübergang war ich, wie viele andere auch, bezüglich El Salvador sehr zurückhaltend und wusste nicht, was auf mich zukommen würde. Vor wenigen Jahren führte dieses winzige Land die Statistiken der gefährlichsten Länder der Welt an. Über Jahre hinweg waren die täglichen Tötungszahlen um ein Vielfaches höher als andere gefährliche Länder dieser Welt. Nun war ich dabei, dieses gefährliche Land zu durchqueren. Meine Eindrücke waren jedoch komplett anders als zuvor vermutet:

„El Salvador! Was für ein wunderbares kleines und doch ganz großes Land. So viel Fröhlichkeit und glückliche Menschen hatte ich noch nicht erlebt. Jeder, der mir begegnete, winkte mir zu und freut sich, mich zu sehen. Zudem traf ich die älteste Frau (Menschen), der ich jemals begegnet war. 114 Jahre war sie alt und immer noch voller Lebensfreude und Energie. Absolut inspirierend!“

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Noch vor 5 Jahren galt El Salvador als das gefährlichste Land der Welt. Die Drogen-/Bandenkriege waren wie in einem Bürgerkriegsland. Ich habe mit Menschen gesprochen, die mir erzählten, dass in ihrer Stadt an manchen Tagen teilweise über 60 Menschen erschossen wurden. Seitdem nun der neue Präsident im Amt sei, habe sich sehr Vieles zum Positiven geändert. Das Land gehört nun zu den sichersten Lateinamerikas und auch die Wirtschaft entwickelt sich mehr und mehr. Allein im Jahr 2022 wurden knapp 60.000 Kriminelle und Bandenmitglieder inhaftiert. Die Übriggeblieben flüchteten ins benachbarte Honduras, was leider die dortige Sicherheitslage nicht verbessert hat.

Solch eine gigantische Inhaftierung ging nur durch die Aushebelung einiger Grundrechte, was definitiv eine zweischneidige Angelegenheit ist. Nun versucht man Unschuldige wieder aus den Gefängnissen zu bekommen.

Für mich fühlte es sich an, als ob das Land einen Neuanfang begann und die Menschen voller Freude in das neue Leben gehen. Überglücklich nach Jahren der Angst wieder ein Leben in Sicherheit und neugewonnener Freiheit zu haben.

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In El Salvador folgte ich zu großen Teilen der Küste, fuhr entlang traumhaft schöner Strände und Küstenabschnitte und war erstaunt, dass auch touristisch sehr viel gemacht wird. Rund um die kleine Küstenstadt „La Libertad“ südlich von „San Salvador“, werden Surf Citys erbaut um Touristen nach El Salvador zu locken. Dass neben dem American Dollar auch Bitcoin als Zahlungsmittel dient, vermittelt den modernen Geist des Landes.

Eine große Herausforderung für mich war die extreme Mittagshitze. Schon um 10 Uhr war das Thermometer auf knappe 40 °C gewandert und in der Mittagshitze gab es nicht selten Tage mit über 45 °C. Um nicht in dieser Hitze fahren zu müssen, passte ich meinen Tagesablauf an und begann meine Tage schon um 4:30 Uhr in der Früh, um dann mit den ersten Sonnenstrahlen um kurz vor 6 Uhr loszufahren. Ab 11 Uhr war es dann so heiß, dass ich bis 15 Uhr eine lange Siesta einlegen musste, um mich dann nochmals am Nachmittag 2 Stunden in den Sattel zu schwingen.

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An einem Tag musste ich ein mehrere Kilometer breites Vulkanaschefeld überqueren. Die Sonne war nahezu im Zenit und auf dem Aschenfeld war es derart unerträglich heiß, dass ich das Gefühl hatte, meine Haut würde sich bald entzünden.

Nach 6 Tagen hatte ich El Salvador durchquert und fuhr nach Honduras. Aufgrund der politischen Lage und vieler negativer Berichte über die vorherrschende Sicherheitslage, entschied ich mich, das Land so schnell wie möglich zu durchfahren. Der kürzeste Weg, das Land zu durchqueren, waren ungefähr 130 km. So verbrachte ich nur zwei Tage in Honduras, weshalb ich nur einen sehr eingeschränkten Blick auf das Land hatte. Eines ist mir jedoch aufgefallen und das verbessert leider auch nicht mein Bild. Schon auf dem Weg zur Grenze schockierten mich Müllberge am Seitenstreifen der Straßen. Die Müllproblematik betrifft leider nahezu alle Länder Zentralamerikas, aber in einem solchen Ausmaß hatte ich das bisher noch nicht gesehen. Die gesamten 130 km durchzog ein dichter Müllteppich der hauptsächlich aus Plastikflaschen und Snacktüten bestand, die Straßen.

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Zudem fühlte ich mich nicht besonders wohl oder sicher. In „Choluteca“, einer Kleinstadt auf halber Strecke, nahm ich mir ein Hotel. Der Betreiber warnte mich davor, nach 20 Uhr nicht mehr auf die Straße raus zu gehen. In diesem Gebiet gäbe es mehrere Gangs, die in der Nacht die Herrschaft der Straßen übernehmen und sich häufig Schießereien liefern.

Die Menschen, denen ich in Honduras begegnete, waren nett und aufgeschlossen. Es war aber gleich zu spüren, dass sie unter der schlechten wirtschaftlichen Situation im Land litten. Immer wieder äußerten sie, dass sie sehr an den extrem korrupten Politikern, die ihr Land vor die Hunde gehen lassen, leiden. Ein Mann erzählte mir, dass er mehrere Jahre in den USA gelebt und gearbeitet habe, um seine Familie zu ernähren. Mittlerweile lebe er wieder in Honduras bei seiner Familie, habe aber mit den Bedingungen schwer zu kämpfen. Eine Ausreise wird den Menschen sehr schwer gemacht. Beispielsweise kosten Flugtickets für Einheimische über drei bis viermal mehr als regulär. Somit versucht die Politik, die Abwanderung aus dem Land zu verhindern. Dennoch traf ich in Kalifornien oder Mexiko einige Menschen aus Honduras, die auf irgendwelchen Umwegen den Weg aus dem Land fanden.

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Nach zwei Tagen folgte nun schon das 7. Land meiner Tour. Nicaragua war definitiv das Land mit dem kompliziertesten und langwierigsten Grenzübergang. Nach unzähligen Befragungen mit unterschiedlichen Grenzbeamten, die mich an den nächsten weiterleiteten, der nochmals genau das Gleiche fragte, folgte der Scan meiner Taschen. Ich hätte alles überführen dürfen, bloß bei Drohnen waren sie höchst empfindlich. Bei dem Scanner saßen mehrere Damen, die alle in ein Gespräch vertieft waren und mich nicht beachteten. Eine weitere Frau saß vor dem Monitor und schaute sich in voller Lautstärke einen Actionfilm auf ihrem Handy an. Genervt von meiner Frage, ob ich meine Taschen aufs Förderband legen könne, um sie zu überprüfen, schaltete sie die Anlage ein und widmete sich gleich wieder ihrem Handy. Schlussendlich war mein Vorstrafenregister nicht weiter auffällig, der Inhalt meiner Taschen unauffällig und ich durfte die Grenze passieren. Ehrlich gesagt hätte ich wahrscheinlich unbemerkt eine Atombombe ins Land schmuggeln können, ohne dass es weiter aufgefallen wäre. Nach über drei Stunden konnte ich dann meine Fahrt fortsetzen.

Auf meinem Weg durch das Land besuchte ich die schöne Studentenstadt „León“ mit ihrer historischen Altstadt, fuhr entlang des größten Binnensees Zentralamerikas und besuchte die dort gelegene Insel „Ometepe“, die definitiv mein Highlight dieses Landes war.

Die aus zwei Vulkanen bestehende Insel „Ometepe“ ist die weltweit größte vulkanische Insel in einem Süßwassersee. Auch hier machte sich das komplizierte Verwaltungssystem des Landes bemerkbar. Auf dem Weg zur Fähre, musste ich mehrere Stationen anlaufen, um dann schließlich auf die Fähre zu gelangen, um mir dann dort mein Ticket kaufen zu können. So kann man natürlich trotz wirtschaftlicher Probleme die Arbeitslosenzahlen für die Statistik besonders geringhalten.

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Auf der Insel herrschte nicht nur ein viel milderes und tropischeres Klima als am Festland, auch die Menschen schienen um Einiges lockerer und entspannter zu sein. Auf meinen Fahrten über die Insel beeindruckte mich vor allem der Artenreichtum an Pflanzen und Tieren. Verschiedenste Vogelarten flogen durch die Lüfte, Kapuziner- und Brüllaffen sprangen in den Bäumen oder Kaimane schwammen in dem Sumpf der zwischen den Inselteilen liegt.

Nicaragua hatte ich bis vor meiner Reise überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt. Es lohnt sich aber auf jeden Fall für eine Reise und ist zudem das günstigste Land in Zentralamerika.

So geht es weiter!

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