Mexico City – Guatemala Antigua

7.Etappe 13.01.23 – 22.01.23 870km 14.500 M ↑ 12.800 M↓, 58 h + Busfahrt nach Tapachula

Nach einer aufregenden und abwechslungsreichen Woche in Mexiko-Stadt, hieß es wieder erneut Abschied zu nehmen und meine Tour fortzusetzen. An die tollen Begegnungen und die schöne Zeit mit neu gewonnenen Freunden werde ich sicher noch lange denken.

Darius Willy Octavio

Willy aus Deutschland, den ich auf meiner Reise in La Paz getroffen hatte, war zeitgleich in Mexiko-Stadt und wollte die selbe Route wie ich einschlagen, sodass wir uns kurzerhand entschieden, die nächsten Kilometer zusammen zu reisen. Octavio aus Mexico, der auch ein „Cicloviajero“ zu deutsch: Radreisender ist, begleitete uns ebenfalls die ersten beiden Tage auf dem Weg zum berühmten Vulkan Popocatepetl. Willy verbrachte die Zeit in Mexiko-Stadt in Octavios Gästehaus. So machten wir drei uns auf, einen Weg aus der Stadt, zum 60 km entfernten Amecameca, am Fuße des Popos. Obwohl 60km nicht besonders weit sind, erreichten wir unseren Zielpunkt erst am Abend, aufgrund des ganzen Verkehrs und einiger Hindernisse. Auf dem Weg konnten wir immer wieder Blicke auf die kilometerweit auftürmenden Rauchschwaden des Popocatepetls werfen. In einem Restaurant übernachteten wir und fuhren früh am nächsten Tag in Richtung des Paso de Cortes, dem Pass, der zwischen den beiden Vulkanen Popocatépetl und Iztaccíhuatl, den zweit- und dritthöchsten Bergen Mexikos, liegt. Das war für mich das erste Mal, dass ich mit meinem Fahrrad auf beinahe 4000 Meter Höhe gefahren bin. Beim Überschreiten der 3000 Metermarke, fühlte ich mich plötzlich ziemlich erschöpft. Nach einer halben Stunde verlor sich die Müdigkeit. Bis zum obersten Punkt auf 3700 Metern, fühlte ich mich absolut energiegeladen. Eine Hündin begleitete uns den ganzen Weg bis zum obersten Punkt. Alle hundert Meter stoppte sie und wartete brav auf uns.

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Mit den schwerbewaffneten Polizisten an der Bergstation machte ich erstmal ein paar Bilder. 10 Personen bewachen Tag für Tag den Pass. Da bis auf die Wochenenden dort oben nicht viel los ist, werden sie sicher nicht vor Überarbeitung umkommen. Stolz zeigten sie mir Bilder, wie sie mit ihren Quads die Sandpisten entlang heizten und in der Natur wanderten. Auf Dauer sei es etwas einsam und der Container auch nicht besonders bequem und warm zu übernachten. Aber dafür einer der atemberaubendsten Arbeitsplätze, seelische Entspannung inklusive.

Mit Willy und Octavio feierten wir unsere Bergbezwingung mit einem für unsere Verhältnisse festlichen Menü. Sobald die Sonne unterging wurde es richtig kalt, sodass ich das erste Mal auf meiner Reise meine Winterjacke und meine Handschuhe auspacken musste. In der Nacht fiel die Temperatur dann auf unter -5°C. Am nächsten Morgen war es eine ziemliche Überwindung aus dem warmen Schlafsack und aus dem Zelt zu kriechen. Von Octavio lernte ich passend zu den Temperaturen ein neues Wort „pinche frio“

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Als es im Laufe des Vormittags wärmer wurde, verabschiedete sich Octavio von uns und fuhr wieder zurück nach Mexiko-Stadt, während Willy und ich die andere Passseite nach Puebla hinunterfuhren.

Ich freue mich Octavio als einen weiteren Freund in Mexico bezeichnen zu können.

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Willys und meine Reise ging nun weiter nach Oaxaca ca. 500 km südlich von Mexiko-Stadt. Wenige Tage nach unserer Passüberquerung fühlte ich mich total schwach, sodass wir uns ein Hotel nehmen mussten, um eine bequemere Nacht zu verbringen. Über die Nacht entwickelte sich dann mein Unwohlsein zu einer ordentlichen Grippe. Klar ist es nie besonders toll auf einer Reise krank zu sein, aber auf einer solch langen Tour, erwischt es wahrscheinlich jeden irgendwann einmal. So kam es, dass wir einen Pausentag einlegten, damit ich mich etwas erholen konnte. Der einzige Wehmutstropfen an diesem Ort war, dass wir mitten im „Triangolo Rojo (rotes Dreieck)“, eine der gefährlichsten Regionen Mexikos waren. Nicht nur, dass hier viele Überfälle und Bandenaktivität stattfinden, außerdem ist die ganze Region sehr arm, trostlos, und ziemlich vermüllt.

Am übernächsten Tag hatte ich wieder etwas mehr Energie und wir machten uns auf, diesen etwas beklemmenden Ort zu verlassen. Die nächsten zwei Tage waren nicht nur extrem kräftezehrend, sondern auch, durch die trostlose Umgebung, nicht gerade motivierend. Im Ranking der hässlichsten Orte meiner bisherigen Tour, führen diese Tage meine Liste an. In der kargen Landschaft gab es bis auf zahlreiche stillgelegte LKWs und unzählige tote Hunde am Straßenrand, kaum etwas zu sehen. Mehr als 15 Hundekadaver zählten wir an einem Tag.

Trotz dieser trostlosen Gegend waren die Menschen, die uns begegneten sehr aufgeschlossen, nett und hilfsbereit. Ein Unternehmer einer Metallverarbeitungsfirma führte uns durch seinen Betrieb und ein junger Amateurfahrradfahrer gab uns auf einer extrem befahrenen Straße Geleitschutz.

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Nach der Stadt Tehuacan veränderte sich das Landschaftsbild. Es wurde bergiger und wir fuhren entlang weitläufiger Canyons und schöner Täler. Zudem wurde es nun auch wieder deutlich wärmer. An einem Abend schlugen wir unsere Zelte vor einer Tankstelle auf. Willy der so tief schläft, dass er sogar einen Atomangriff verschlafen würde, war am nächsten Morgen ausgeruht und ausgeschlafen. Ich, der jede Mücke husten hört, habe bei dem Lärm der LKWs und Busse, die nur in der Nacht zu fahren schienen, kein Auge zu bekommen und war dementsprechend total gerädert.

In Oaxaca verbrachten wir zwei Tage bei unserer Warmshowers Gastgeberin Margeaux aus Frankreich. Willy, dessen Leidenschaft das Kochen und das Lernen neuer Rezepte ist, kochte uns an einem Abend ein fabelhaftes Menü. Willy möchte nach seiner Tour ein Kochbuch mit den verschiedensten Rezepten, die er auf der Tour kennen lernt schreiben. Dazu aber später mehr.

Mit Margeaux waren wir abends aus, die Salsa-Szene Oaxacas unsicher zu machen. Auch wenn ich viele Talente besitze, gehört Tanzen leider nicht dazu. Hoffentlich habe ich noch im Laufe meiner Tour die Möglichkeit ein paar Grundschritte zu lernen, da ich Musik und Bewegung liebe.

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Da ich schon vor Wochen einen Spanischkurs in Antigua gebucht hatte, musste ich zum 20. Februar in Antigua Guatemala sein. Von Oaxaca nach Tapachula, im Süden von Mexiko, gab es eine sehr gute Busanbindung, sodass ich mich entschied, einen Teil meiner Tour abzukürzen, um pünktlich zum Kursbeginn in Antigua zu sein.

Willy, dessen Fahrrad schon mehrere Ermüdungszeichen von sich gab, beschloss mit mir zu fahren, um weiter zusammen durch Guatemala zu reisen. Tapachula fühlte sich viel mehr wie eine karibische Stadt an und hatte mit dem Mexiko, welches ich zuvor erlebt hatte, wenig zu tun; multikulturell und voller Latinomusik. Chinesen, Inder, Pakistanis und alle Nationen Zentralamerikas waren vertreten.

Nach drei Monaten in diesem riesigen, unfassbar vielfältigen und wunderschönen Land war klar, dass nun ein neues Kapitel der Reise auf mich wartet. Wenn ich so an meine Erlebnisse in Mexiko denke, habe ich viele tolle Erinnerungen. Mexiko wird mir definitiv als Land der vielfältigen Natur, des abwechslungsreichen, köstlichen Essens „Qué rico“ und vor allem als Land der herzlichen und hilfsbereiten Menschen in Erinnerung bleiben.

Der Grenzübergang am nächsten Tag nach Guatemala verlief entspannt und ohne Komplikationen.

Nach drei Monaten Fahrt durch Mexiko, gigantischen Städten mit pulsierendem Verkehr, herausfordernden Bergetappen und anstrengenden Durststrecken durch die Wüste dachte ich, dass mich so schnell nichts mehr überraschen könnte.

Ich hatte nicht gedacht, dass nach einem Grenzübergang so schnell solch ein kultureller Wandel stattfinden würde.

Weit geirrt!

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Nicht nur, dass man in Guatemala häufig über 3000 Meter hohe Pässe überwinden muss, die gefühlt senkrecht den Berg hochgehen. Auf dem Weg zum Gipfel gibt es auch immer einige Zwischenabfahrten, sodass man letztlich ein Vielfaches des Anstieges bezwingen muss. Die Straßen sind zu großen Teilen in einem miserablen Zustand und ich habe glaube ich, noch nie bei einer Bergabfahrt mehrere Pausen einlegen müssen, um meine Bremsen abkühlen zu lassen.

Abends war ich oft sehr erschöpft und müde, da der Verkehr, die teilweise extreme Geräuschkulisse, die dauerhafte Konzentrationsanforderung und die durchgehenden Auf- und Abfahrten, mich immer wieder ans Limit brachten.

Im Vergleich zu Mexico wirkt Guatemala wie ein dritte Welt Land. Als ich beispielsweise abends in Quetzeltanango unterwegs war, erlebte ich einen kompletten Stromausfall. Von einem Moment auf den anderen war es Stockdunkel. Bis auf einzelne Geschäfte, die wahrscheinlich eine Notstromversorgung hatten, war die ganze Stadt pechschwarz. In dieser Dunkelheit irrte ich mit meiner Handytaschenlampe zum Hotel. Ca. eine Stunde später gingen wieder alle Lichter an und alles verhielt sich so, als wäre nichts gewesen.

Aber!

Guatemala ist auch ein Land der herzlichen und aufgeschlossenen Menschen. Willy und ich hatten täglich tolle Begegnungen mit Einheimischen, die uns Lebensmittel, Wasser, Medikamente für den Magen oder sogar Geld für das Abendessen schenkten und dass, obwohl die Menschen hier kaum etwas besitzen. Uns wurde gewunken, vom Auto aus mit einem Lächeln zugerufen und so viele Kinder waren begeistert uns zu sehen.

Zudem ist die Natur atemberaubend schön. Das Land ist gespickt mit unzähligen Vulkanen, die sich teilweise über 4000 Meter aus der Umgebung erheben.

Erstaunlich ist auch, dass die Straßen häufig direkt über die Bergkämme verlaufen, sodass wir nicht selten die 3000 Meter Marke knackten.

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Eine total verrückte Erfahrung machten Willy und ich in einer kleinen Stadt namens Palestina de los Altos, was auf knapp 3000 Metern liegt und vermutlich den höchstgelegenen Vergnügungspark der Welt besitzt. Es gab viele Fressbuden, bunte Stände und einige Riesenräder, die niemals die Sicherheitsvorschriften eines deutschen Vergnügungsparks erfüllen würden. Das Verrückte war, dass die Riesenräder von einem Auto angetrieben wurden oder besser gesagt, einem komplett ausgeschlachteten Wagen, der nur noch den Fahrersitz und den Motor hatte. Über Umlenkrollen und übergroße Riemen wurde das komplette Riesenrad angetrieben. Der Fahrer des Autos startete den Motor, schaltete die Gänge durch und gab Gas. Quietschend setzte sich das Riesenrad in Bewegung und wurde auf haarsträubende Geschwindigkeit beschleunigt.

Am Lago de Atitlan einem wunderschönen See umringt von Vulkanen verbrachten wir die Zeit im Hippie Ort San Marcos de la Laguna und wohnten bei Jose Pablo der aus Chile nach Guatemala ausgewandert war, um am Lago de Atitlan ein Jogastudio aufzumachen. Über Warmshowers wurden wir auf ihn aufmerksam und übernachteten in seinem Studio in einem wunderschönen tropischen Garten direkt am Ufer des Sees. Wir waren nicht die einzigen Radfahrer und trafen auf die beiden Dänen Mikkel und Gustav, die mit ihren Rädern von Mexiko nach Panama unterwegs waren. Am Abend unserer Ankunft gingen wir durch die schmalen Gassen des kleinen Städtchens, den steilen Berg zum Eagle´s-Nest hinauf. Wie in einem Labyrinth liefen wir im Gänsemarsch Jose hinterher und erreichten nach einer halben Stunde einen wunderschönen Ort, der wie ein Baumhaus in die Felswand und teilweise in den Bäumen gebaut wurde. Es gab eine große Plattform auf der Agro-Yoga praktiziert wurde, einen schönen Aufenthaltsbereich mit einem Restaurant, eine Sauna und kleine Pools zum Abkühlen. Der Sonnenuntergang, der See und die Vulkane im Abendrot gaben ein fantastisches Bild ab.

 

Am nächsten Tag zeigte uns Jose Felsklippen, von denen man in den See springen konnte. Über 10 Meter stürzten wir uns in die Tiefe. Anfangs eine kleine Überwindung, doch dann wollte ich nicht mehr aufhören. Von der Natur gehört der Lago de Atitlan definitiv zu einen der schönsten Orte, die ich in Guatemala besucht habe.

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An diesem Ort hätte ich sicher noch einige Tage länger verbringen können, jedoch wartete der Spanischkurs in Antigua auf mich, sodass ich mich am nächsten Tag alleine nach Antigua aufmachte, um am darauffolgenden Tag meinen zweiwöchigen Kurs zu beginnen. Willy blieb noch mit den beiden Dänen für ein paar Tage, machte sich dann aber auch nach Antigua auf, wo wir uns des Öfteren trafen, dazu aber im nächsten Kapitel mehr!

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Meine Reise mit Willy, hat super Spaß gemacht. Wir beide haben sehr gut harmoniert und ich freue mich in ihm einen Freund gewonnen zu haben auf den ich mich verlassen kann. Willy ist leidenschaftlicher Koch, was ich schon mehrfach erleben und schmecken durfte. Er schreibt ein Kochbuch mit allen Rezepten von seiner Reise und kurzweiligen Anekdoten von seinen Erlebnissen auf seiner Tour. Ab März wird er mit seiner Frau, die er in Kalifornien kennengelernt und geheiratet hat, seine Reise nach Argentinien fortsetzen. Besucht gerne mal seinen Blog auf dem er ausführlich über seine Erlebnisse schreibt. Kann ich absolut empfehlen und ist amüsant geschrieben.

http://thepedallingpeasant.de/

 

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